Das Direktor*innenzimmer neu gelesen: Misfits

Das vor 100 Jahren anlässlich der Bauhaus-Ausstellung 1923 eröffnete Direktorenzimmer gilt bis heute als „Urknall“ moderner Raumkonzeption und steht stellvertretend für das Vermächtnis des Staatlichen Bauhauses Weimar. Diesem räumlich-gestalterischen Erbe haben sich Design-Studierende der Fakultät Kunst und Gestaltung angenommen und mittels digitaler Entwurfs- und Herstellungsverfahren neue konzeptionelle, gestalterische und materielle Annäherungen erarbeitet. 

Die drei in dieser Ausstellung gezeigten Projekte entstammen einer Zusammenarbeit der Professuren Emerging Technologies and Design und Theorie und Geschichte des Design, die sich im Sommersemester 2023 gemeinsam, d.h. praktisch, theoretisch und methodisch, Themen der maschinellen Herstellung, der Materialeffizienz und Abfallverwertung gewidmet und mit dem Bauhaus-Designerbe kontextualisiert haben. Im Projektmodul „Misfits“ bedienten sich Studierende hierzu emergenter digitaler Technologien zur Erfassung, Gestaltung und Herstellung (wie 3D-Scannen, parametrische Modellierung und CNC-Fräsen), um insbesondere auf materieller Ebene neue Zugänge für eine progressive Rekonzeptionalisierung des Direktorenzimmers zu erarbeiten. 

Konkret stand die Verwendung „minderwertigen“ Laubholzes im Fokus, welches in Form von Baumgabeln, Inoskulationen, krummen, kleinteiligen, unregelmäßigen, aber auch befallenen Baumteilen von der Holzindustrie mehrheitlich aussortiert wird. Im Projektmodul „Misfits“ wurden ein gegenteiliger Ansatz verfolgt: Denn gerade die Eigensinnigkeit und Natürlichkeit des Materials soll gezielt genutzt werden – wobei dieses zugleich in einem unmittelbaren Kontrast zu den Einbauten im Direktorenzimmer steht, indem die damals verwendeten Hölzer für Einbauten und Möbel als begradigte, standardisierte Halbzeuge eingesetzt wurden. Entsprechend umging das Projektmodul „Misfits“ diese „moderne“ industrialisierte Holzverarbeitung und stellte stattdessen die (ursprünglichen) materiellen Eigenheiten als neue (alte) Gestaltungsmöglichkeiten in den Mittelpunkt. Zugleich wurden die Studierenden aufgefordert, tradierte Kategorien wie „Ausstellung“, „Möbel“, „Standard“ oder „Produkt“ zu hinterfragen und damit eine zeitgemäße Aushandlung mit dem Direktorenzimmer als historischen Ort der Moderne in Anschlag zu bringen.

Mitarbeit: Ezra Spitzbarth | Fotos: Felix Kummich